Seit einigen Wochen gehen überall in Deutschland Menschen auf die Straße, um Farbe zu bekennen für Demokratie und Vielfalt in unserem Land. Am Sonntag gab es auch in Selb am Martin-Luther-Platz eine solche Kundgebung. Aufgerufen hatten alle im Stadtrat vertretenen Parteien, aber auch AWO, DGB, die Gewerkschaft BCE, sowie die Evangelische und die Katholische Kirche. So breit wie das Spektrum der Organisatoren war auch die Reihe der Rednerinnen und Redner und der Teilnehmenden. Menschen aus allen Altersgruppen und allen gesellschaftlichen Gruppen waren versammelt, die Schätzungen liegen zwischen 700 und 1.200 Menschen. Mit vielen Plakaten und Bannern, auch mit einem Traktor, drückten sie aus, was ihnen wichtig ist: Eine bunte Gesellschaft, in der braunes Gedankengut keine Chance haben soll. Eine vielfältige Demokratie, in der respektvoll miteinander diskutiert wird. Und nicht zuletzt auch eine Zivilgesellschaft, die auch Minderheiten jeglicher Art integriert, statt sie zu diskriminieren.
Die lange Liste der Redner (unter ihnen die 2. Bürgermeisterin von Kirchenlamitz, Esra Özekimci und die Gewerkschaftssekretärin Tamara Pohl) beleuchtete in unterschiedlichen Facetten, warum die gesellschaftliche Vielfalt im Land so wichtig ist: OB Ulrich Pötzsch wie darauf hin, dass Selb nach dem 2. Weltkrieg mit Hilfe von Menschen aus unterschiedlichsten Ländern wieder aufgebaut wurde und heute Menschen aus über 60 Ländern die Selber Gesellschaft prägen. Dekan Pröbstl wies als Eröffnungsredner darauf hin, dass derzeit ein vergiftender Ton in der Gesellschaft Einzug gehalten hat, gegen den wir wieder demokratische Grundwerte wie Gleichberechtigung und Respekt setzen müssen. Dass die Kirchen sich in der Anfangszeit nicht immer leicht taten mit der Demokratie ist ein realistisches Eingeständnis von Fehlern in der Geschichte der Kirchen, die heute klar benannt werden können und müssen. Rainer Pohl von der AWO führte aus, wie die soziale Unterstützung von Kriegsgeschädigten für alle Menschen gleichermaßen von der AWO gestemmt wurde und wird. Esra Özekimci führte aus, dass sie als alleinerziehende Frau mit Migrationshintergrund und linke Politikerin eine Menge Gründe liefere, von den Rechtsextremen gehasst zu werden. Mit ihrem Versprechen, "dass ich heute Abend wieder zurückfahre, dahin wo ich herkomme: Nach Kirchenlamitz!" sorgte für großen Applaus für die gewandte Rednerin. Tami Pohl wie auch Christian Preisenhammer vom Outletcenter No Basics verwiesen darauf, dass unsere Wirtschaft und der gesamte Pflegesektor massiv abhängig von der Unterstützung durch ausländische Angestellte sind. Gemeinsam mit dem Schlussredner, dem katholischen Pfarrer Thomas Fischer, waren sich alle einig, dass es wichtig ist, den Kampf für die Demokratie nicht nur an einem wunderschönen Sonntag bei einer Kundgebung zu zeigen, sondern in Gesprächen mit Familie und Kollegen, im Alltag und auch durch bürgerschaftliches Engagement. "Die Demokratie ist nicht nur eine weitere Sau, die wir auch mal durch's Dorf treiben" - so Pfarrer Fischer, sondern ein echtes Anliegen, für das wir im Alltag einstehen.
Umrahmt wurde die Kundgebung von dem Wunsiedler Sänger, Liederschreiber und Gitarristen Maximilian Adler, der mit nachdenklichen und aufwühlenden Texten die Ernsthaftigkeit der Debatte musikalisch unterstrich.